Wir befinden uns im März 2020, seit Sonntag bin ich gemeinsam mit meiner Freundin Carolin Obernolte, die das SportsTech-Startup As Good As Pros gegründet hat und hier den German Accelerator absolviert, im ständigen Wechsel zwischen Coachings und Events in San Francisco und der absoluten Startup-Hochburg: dem Silicon Valley. Wenn ich bewusst darüber nachdenke, dass ich nun hier vor Ort zwischen den wohl inspirierendsten und energiegeladensten Startups, Gründern und Gründerinnen der Szene gelandet bin, fühlt sich alles gleich noch viel verrückter an.
Berufliche Chancen ergeben sich oft aus dem Zufall
Vor ziemlich genau einem Jahr bin ich mit der groben Idee, Startups und Gründern kosteneffizienten und digitalen Zugang zum Recht zu ermöglichen, direkt nach meinem Jurastudium nach Köln gezogen. Während des Studiums in Bonn hatte ich keinerlei Überschneidungen mit der Startupszene – leider ging das bis dahin in Bonn eher unter, die Universität förderte nicht wirklich den außeruniversitären Austausch und auch das Jurastudium war nicht auf die Gründung eines eigenen Startups ausgerichtet, sondern steuert Studierende gezielt auf die klassischen Berufsgruppen Anwalt, Richter & Behörde zu. Wer crazy ist, geht vielleicht als Syndikusanwalt in ein Unternehmen oder in die Politik.
Über meinen weiteren Berufsweg nach dem Studium habe ich lange nachgedacht, letztendlich aber durch eine eher zufällige Begegnung den Entschluss gefasst, mich nach meiner akademischen Laufbahn für den für Juristen untypischen Weg des Unternehmertums entschieden. Im November 2018 bat mich ein Freund aus Schulzeiten noch während des Studiums um Hilfe bei der Gründung, weil er sich für die Beratung in seinem Startup keine Anwälte leisten konnte. Die meisten Gründer starten ohne großes Kapital und gerade die Jungen unter ihnen haben keine Reserven, die sie für eine Gründung nutzen können. Sollte doch etwas Kapital vorhanden sein, wird dies zunächst für die Produktentwicklung und Prototypen eingeplant, gerade, wenn es sich um kostspielige Businessideen handelt, die im technischen Bereich liegen.
Vorhandene Möglichkeiten entsprechen nicht immer dem, was gebraucht wird
Eine umfassende, wasserdichte Rechtsberatung war für ihn zu seinem derzeitigen Stadium zusätzlich auch gar nicht gewollt, letztendlich geht es für die meisten Gründer am Anfang nur darum, das Grundgerüst zum Starten möglichst kostengünstig abzubilden, bis irgendwann Geld dafür da ist, alles „geradezuziehen“ und ein richtiges Unternehmen zu bauen, wenn Investoren einsteigen. Das kann auch durchaus sinnvoll sein, sollte man am Anfang vor allem erst validieren, ob die Idee vom Kunden überhaupt und in welcher Form gebraucht wird. Dabei ergibt es wenig Sinn, hohe Investitionen für einen Einzelfall zu tätigen, der innerhalb kürzester Zeit der Reflexion bereits völlig anders aussehen kann. Die meisten Startups verändern ihre Idee und ihr Geschäftsmodell innerhalb der ersten Monate so stark, dass Rechtsberatung in der bisherigen Art zu Beginn auch nicht flexibel genug für den Entwicklungsprozess ist.
Um dieses Problem zu lösen, begann ich bereits während des Studiums, meine Idee auszubauen und eine Plattform zu entwickeln, die den gesamten Rechtsberatungsbedarf für Startups, Gründer und auch Selbständige abbildet: Raketenstart. Um mit möglichst vielen Gründern zu sprechen, besuchte ich über 100 Veranstaltungen in ganz Deutschland, berichtete von meinem Vorhaben und nahm jegliches Feedback auf, um mein Produkt an die Bedürfnisse meiner Zielgruppe anzupassen.
Das Silicon Valley – Feuer & Energie für neue Ideen und startups
Nun sitze ich in unserem Coworkingspace mitten in San Francisco, im gleichen Gebäude ein paar Etagen höher sitzt Twitter, direkt um die Ecke ist das Office von Google oder Facebook. Wir launchen unser MVP (Minimum Viable Product) in den nächsten Wochen, meine größte Errungenschaft des letzten Jahres neben einem umfassenden Geschäftsmodell ist aber sicherlich, dass es mir innerhalb weniger Monate gelang, ein breitgefächertes Netzwerk in der Startupszene aufzubauen, von der ich menschlich und auch im Rahmen meines Startups und Podcasts jeden Tag stark profitiere. „Man ist immer der Durchschnitt aus den Menschen, mit denen man sich umgibt“ habe ich dazu einmal gelesen. Genau das spüre ich jeden Tag, wenn ich mich im Silicon Valley von Gründern umgeben bin, die groß denken und von Erfolgen und Investmentsummen träumen, die man sich in Deutschland kaum vorstellen kann.
Auch der Prozess des Scheiterns und Lernens als Gründer ist für die persönliche Weiterentwicklung unglaublich wertvoll. Als Gründer arbeitet man sich jeden Tag in völlig unbekannte Prozesse ein, reflektiert, was funktioniert und passt alles an die neugewonnenen Erfahrungswerte an. Auch ehemalige Gründer einzustellen, die mitdenken und ihre Arbeitsweise flexibel anpassen können, ist für jedes Unternehmen eine große Bereicherung. Trotzdem ist die Hemmschwelle, loszugehen und mit den Ideen zu experimentieren, durch Unwissenheit und der Angst vor juristischen und daraus resultierenden finanziellen Konsequenzen so hoch, dass die Gründerquote wenn überhaupt nur sehr langsam ansteigt.
Jetzt ist die Zeit, in der eine Idee die Welt retten kann
Aber in einer Zeit wie heute, brauchen wir mehr Menschen, die sich trauen, ihre Ideen in die Tat umzusetzen und damit auf die Straße zu gehen. Die Probleme, die sich unserer Gesellschaft zur Zeit und auch künftig stellen werden – Berufsbilder verändern sich durch die Digitalisierung in kürzester Zeit, die globale Erwärmung verändert unseren Lebensraum und gefährdet die Existenz verschiedenster Lebewesen, neue Krankheiten wie gerade das Coronavirus verunsichern unsere globale Infrastruktur und medizinische Versorgung – müssen von kreativen, wagemutigen Köpfen gelöst werden, um unser zukünftiges Zusammenleben zu sichern. Es mag sicherlich nicht der bequemste und berechenbarste Weg sein, eine eigene Existenz aufzubauen und ein Unternehmen zu gründen.
Warum ich trotzdem jedem empfehle, die klassischen Wege zu verlassen? Ich habe gefühlt keinen Tag „gearbeitet“, seitdem ich meiner Leidenschaft, Menschen bei der Gründung zu unterstützen und Prozesse zu digitalisieren in meinem Startup nachgehe. Jeder Tag ist ein Tag mit Menschen, die voller Energie für Ideen brennen, sich jeden Tag weiterentwickeln und die bereit sind, die Welt zu verändern. Vielleicht wird man Scheitern, sicher wird es nicht immer leicht sein. Aber die Weichen, wirklich etwas zu bewirken, standen nie so gut.
Nimm dein Schicksal selbst in die Hand!
Ich kann euch nur empfehlen: Nutzt eure Chance, findet etwas, das euch begeistert, denkt quer und traut euch. Vielleicht kann nicht jeder von uns die Welt verändern, aber eines ist sicher: Ihr verändert eure eigene Welt. Und das ist unbezahlbar.

Madeleine Heuts
Gründerin & CEO von Raketenstart

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