Achtung vor dem Jahreswechsel – es droht Verjährung!

Zum Jahreswechsel gibt es neben Weihnachten und Silvesterfeuerwerk noch ein weiteres Ereignis, das jedes Jahr wiederkehrt – der Eintritt der Verjährung. Als Gründer solltest du deshalb einige Wochen vor Jahresende prüfen, ob du und dein Unternehmen vielleicht auch davon betroffen seid und ob du etwas unternehmen solltest, um den Eintritt der Verjährung zu vermeiden.
Worum geht es bei der Verjährung?
Verjährung bedeutet, dass bestimmte Rechtsfolgen aufgrund von Zeitablauf nicht mehr eintreten bzw. sich ändern.
Hat z.B. jemand eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, kann der Täter nach Eintritt der Verjährung in der Regel nicht mehr belangt werden.
Für dich als Gründer ist die strafrechtliche Verjährung (hoffentlich!) weniger relevant. Deutlich wichtiger für dich und dein Unternehmen ist jedoch die zivilrechtliche Verjährung von Forderungen. Forderungen entstehen zum Beispiel durch einen abgeschlossenen Kaufvertrag, wenn dein Kunde in deinem Shop dein Produkt bestellt.
Hast du eine Forderung gegen einen Dritten, bspw. einen Kunden, so kann sich der Dritte, wenn die Verjährung eingetreten ist, auf die sog. „Einrede der Verjährung“ berufen. Du gehst dann im Zweifel leer aus, wenn es darum geht, z.B. den Kaufpreis als Gegenleistung noch zu erhalten, wenn er bisher nicht gezahlt wurde.
Die Verjährung wirkt sich bei Forderungen jedoch nur aus, wenn sich der Schuldner tatsächlich auf die Verjährung beruft, d.h. die Einrede auch erhebt. Das heißt, er muss dir aktiv entgegenhalten, dass deine Forderung bereits verjährt ist. Schuldest du selbst jemandem Geld und ist die Forderung schon relativ alt, so gilt für dich das gleiche mit umgekehrten Vorzeichen – Du solltest also prüfen, ob Verjährung eingetreten ist. Ist das auch wirklich der Fall, kannst du die Einrede der Verjährung erheben.
Wie alt muss eine Forderung denn nun bereits sein, um zum Jahreswechsel zu verjähren?
Es wird dich nicht wundern, aber es ist auch hier wieder so, wie die Juristen häufig sagen – es kommt ganz darauf an!
Es gibt bei der Verjährung verschiedene Fristen. Diese unterscheiden sich je nach dem, um welche Art von Forderung es sich handelt.
Ich nenne dir nun die wichtigsten Fristen für die typischen Fallkonstellationen im Geschäftsleben, die aber an dieser Stelle nicht abschließend sind:
Der häufigste Fall der Verjährung ist die sogenannte regelmäßige Verjährungsfrist, die auf sehr viele Forderungen im Geschäftsleben zutrifft. Die regelmäßige Verjährungsfrist betrifft alle Sachverhalte, sofern nicht ausnahmsweise andere Fristen gelten. Hierbei ist es egal, ob die Parteien Privatleute oder Kaufleute sind.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch auch entstanden ist, also z.B. der Kaufvertrag abgeschlossen wurde.
Hast du also einem Kunden eine Rechnung im Jahr 2017 gestellt, die dieser bis heute nicht ausgeglichen hat, so startete die Verjährungsfrist von 3 Jahren am 1. Januar 2018. Verjährung tritt 3 Jahre später ein, also zum Ablauf des Jahres 2020.
Du solltest nun also prüfen, wie es um deine eventuell noch offenen Forderungen steht, die 2017 bei dir entstanden sind.
Es gibt aber noch weitere Verjährungsfristen, die in deinem Geschäftsleben relevant werden können:
Eine Verjährungsfrist betrifft die Miete oder Leihe. Sie beträgt 6 Monate, wenn eine Verschlechterung der Miet- oder Leihsache vorliegt. Der Fristbeginn läuft hierbei bereits mit Rückgabe der Sache an den Vermieter oder den Verleiher.
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- Eine weitere Verjährungsfrist gilt für Ansprüche auf Fracht-/Speditionskosten. Sie beträgt 1 Jahr und die Frist beginnt mit Ablieferung der Ware durch den Spediteur oder Frachter.
- Besonders wichtig im Geschäftsverkehr ist auch die Verjährungsfrist bei kauf- und werkvertraglichen Mängelansprüchen. Diese ist relevant, wenn du z.B. eine mangelhafte Sache an deinen Kunden verkaufst. Die Frist z.B. zur Geltendmachung der Behebung des Mangels, also der Reparatur deiner Ware durch Dich, beginnt mit der Ablieferung beim oder der Abnahme vom Kunden. Sie beträgt 2 Jahre.
- Zu guter Letzt gibt es noch eine Verjährungsfrist von 5 Jahren für Mängelansprüche bei Bauwerken oder eingebauten Sachen. Die Frist dafür beginnt mit der Übergabe oder Abnahme der Bauwerke oder Einbauten.
Wegen des festgesetzten Fristbeginns und Ablaufs jeweils zum Jahreswechsel sind für dich jetzt konkret die oben in Ziffer 1 genannten Fälle relevant, wenn du einen Nachteil aufgrund des Jahreswechsels vermeiden möchtest.
Was kannst du jetzt tun, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern?
Optimalerweise beginnst du spätestens jetzt damit, deinen Schuldner zur Zahlung seiner Rechnung vor Jahresende zu bewegen. Wenn das nicht funktioniert, dann hast du verschiedene Möglichkeiten, den weiteren Lauf der Verjährung zu hemmen oder sogar zu unterbrechen, um z.B. deinen Anspruch auf Bezahlung der Rechnung zu erhalten.
Wichtig ist, dass die Übersendung einer Mahnung hierfür nicht (!) ausreicht, egal wie scharf du diese formulierst oder per Einschreiben übermittelst.
Stattdessen kannst du Folgendes tun:
- Du kannst den Schuldner dazu bewegen, die Forderung schriftlich vollumfänglich anzuerkennen. Er sollte dir also schriftlich bestätigen, dass die Forderung zur Zahlung des Kaufpreises auch aus seiner Perspektive besteht. Im Idealfall (aber nicht zwingend notwendig) sollte er dabei zusätzlich noch erklären, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
- Du kannst außerdem den Schuldner dazu bewegen, grundsätzlich schriftlich auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Das kann auch zeitlich befristet werden, beispielsweise für 3 Monate, um Euch Zeit zu geben, gemeinsam eine Lösung für die Uneinigkeit zur Rechnung zu finden. In diesem Fall solltest du darauf achten, dass du rechtzeitig vor Ablauf der Befristung wieder aktiv wirst, um eine erneute Hemmung der Verjährung und damit den Fortbestand deiner Forderung zu erwirken.
- Du kannst auch einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen. Wichtig ist dabei: Das musst du dann aber noch vor dem Jahreswechsel tun!
- Außerdem kannst du eine Klage erheben, um deine Forderung einzutreiben. Das solltest Du dann aber ebenfalls noch vor Jahreswechsel tun.
Mit der richtigen Auswahl und Durchführung der obigen Maßnahmen bist du im Regelfall dann auf der sicheren Seite.
Alternativ, aber etwas riskanter, sind folgende Maßnahmen:
- Die Aufnahme und das Führen von ernsthaften Verhandlungen mit deinem Schuldner, von denen du noch nicht weißt, wie sie ausgehen. Es besteht also ein noch offener Ausgang der Gespräche. Die Aufnahme solcher Verhandlungen sollte schriftlich dokumentiert werden, beispielsweise durch ein von beiden Parteien unterzeichnetes Gesprächsprotokoll. Hieraus muss klar ersichtlich werden, dass der Ausgang der Verhandlungen beim Eintritt der Verjährung noch völlig offen war.
Das bedeutet, dass dein Gegner also noch nicht klar zu verstehen gegeben hat, dass er die Forderung nicht anerkennen möchte, er also quasi die Verhandlungen abgebrochen hat. - Eine weitere riskante Maßnahme ist, dass du versuchst, den Schuldner dazu zu bewegen, eine Abschlagszahlung zu leisten. Das kann dann zwar als Anerkenntnis deiner Forderung gewertet werden; das dann aber mit der Folge, dass die Verjährungsfrist für den Rest des Betrags bzw. der Forderung von vorne zu laufen beginnt.
Da die letztgenannten Maßnahmen zu viel Streit über Auslegungen von Verträgen und Rechtsfolgen führen können, sind deshalb die Optionen in den Ziffern 1-4 vorzuziehen. Nur so kannst du den Verlust deines Anspruchs auch wirklich sichern.
Fazit
Hältst du es für möglich, zum Jahreswechsel in ein Verjährungsproblem bezüglich einer oder mehrerer Forderungen hinein zu laufen, dann solltest du noch rechtzeitig aktiv werden. Um dir die Zeit zwischen den Jahren nicht mit unnötigem Stress zu verderben, solltest du dies idealerweise deutlich vor Weihnachten tun. Wenn du dir unsicher bist, wie du am besten vorgehen kannst, lohnt es sich im Zweifel immer, einen Fachmann zu Rate zu ziehen, der dir dabei helfen kann.

Madeleine Heuts
Madeleine Heuts ist Juristin, Gründerin und CEO von RAKETENSTART.
Noch während ihres Jura-Studiums in Bonn stellte Madeleine schnell fest, dass für Nichtjuristen und vor allem Gründer in Deutschland bisher kein umfassender Zugang zu Recht besteht. Um kreative Köpfe und Visionäre bei der Umsetzung ihrer Ideen zu unterstützen, verknüpft Madeleine mit RAKETENSTART neben juristischer Expertise ein feines Gespür für Branding- und Marketingstrategien mit neuen Technologien.