Mit Ingo Lenßen im Kampf gegen Ryanair: Wie RightNow Gründer Benedikt Quarch mit Legal-Tech Verbrauchern zum Sieg über Konzernriesen verhilft

QUARCH RightNow Raketenstart Blog

Legal Tech-Gründer und Juristen unter sich. Benedikt schloss 2016 als Jahrgangsbester das Erste Staatsexamen in Hessen mit einem hohen zweistelligen Ergebnis ab. Dies schaffen nur unter 1 % der Juraabsolventen in Deutschland. Statt den klassischen Karriereweg zu gehen, gründete er zusammen mit seinen Mitgründern Philipp Eischet und Torben Antretter das Legal Tech-Startup RightNow. Als “Justice-as-a-Service”-Anbieter verhilft er Verbrauchern gegen international agierende Konzerne wie Ryanair, Lufthansa und der Deutschen Bahn zu ihrem Recht.

Warum Benedikt diesen für Juristen außergewöhnlichen Karriereweg eingeschlagen hat, welcher Gegenwind von den Konzernen auf dem Weg dahin kam und wie man sich am besten gegen diesen wappnet, erfahrt ihr im RAKETENSTART-Interview:

Hinweis: Das Interview ist eine schriftlich gefasste Form der RAKETENSTART-Podcastfolge mit Benedikt. Es handelt sich nicht um 1-zu-1-Zitate.

Heute darf ich neben mir einen zweiten Juristen im Gespräch begrüßen: Benedikt Quarch, einen der Gründer von RightNow. RightNow war in der vergangenen Zeit medial stark präsent und ist es auch immer noch. Erzähl uns doch gern, was ihr bei RightNow macht und wie du persönlich ausgerechnet in diesem Unternehmen gelandet bist.

Ich bin Benedikt Quarch, 26 Jahre alt, komme ursprünglich aus Aachen und habe bis 2016 noch Jura studiert. Daran habe ich danach meinen BWL-Master und meine juristische Doktorarbeit angeschlossen. Mit Geld-für-Flug habe ich parallel zur Doktorarbeit gestartet. Mittlerweile haben wir das Produkt in RightNow umbenannt
und die Produktpalette ausgeweitet. Das Ursprungsprodukt Geld-für-Flug habe ich damals mit meinen Kollegen Philipp Eischet und Torben Antretter gegründet.

Der Gedanke hinter den Produkten von RightNow ist es, Verbrauchern Kleinstansprüche abzukaufen, bei denen es sich nicht lohnt, diese als Verbraucher selbst durchzusetzen. Die Anspruchshöhe steht in diesen Fällen in einem Missverhältnis zum Aufwand für den Einzelnen. Geld-für-Flug als erstes Produkt beschäftigt sich mit Flugstornierungen, die vom Kunden aus den verschiedensten Gründen nicht durchgeführt oder angetreten werden. Den wenigsten Leuten ist aber bekannt, dass es bei Nicht-Antreten der Flüge einen Teil des Geldes zurückgibt. Selbst wenn sie es wissen, die Wenigsten von ihnen setzen diese Rückforderung überhaupt durch. Eine Durchsetzung mittels eines Anwalts lohnt sich aufgrund der Anspruchshöhe zwischen 30 und 50 € auch nicht.

Deswegen war unsere Idee, dem Verbraucher den Anspruch sofort abzukaufen. Wir berechnen dazu einen Risikoabschlag und setzen den Anspruch anschließend auf unser eigenes Risiko hin durch. Angefangen haben wir 2017 mit Geld-für-Flug. Anfang 2018 haben wir dann das bestehende Startup Bahn Buddy aufgekauft und in unser System mit eingebaut. Bahn Buddy beschäftigt sich mit klassischen Zugverspätungen. Auch hier sind wir die einzigen Sofortentschädiger, die innerhalb von 24 Stunden Verbrauchern ihren Anspruch auszahlen.

Als drittes Produkt haben wir Unfallzahlung24 gestartet, das sich mit falsch regulierten KfZ-Schäden befasst. Bei einem Unfall hat der Unfallgeschädigte einen Anspruch gegen die Versicherung des Unfallverursachers. Die entstandenen Kosten für etwa Beweismittel wie Gutachten von Sachverständigen kann man dann bei der Versicherung des Unfallverursachers einreichen. Die Versicherungen kürzen aber dabei gerne die Anspruchshöhe. Diese Kürzungen sind in 75 % der Fälle rechtswidrig. Unfallzahlung24 zahlt diese Kürzungen innerhalb von 24 Stunden aus und setzt sie gegen die Versicherung auf das eigene Risiko durch. 

Inzwischen führen wir alle drei Produkte unter der Dachmarke RightNow und haben Teams an verschiedenen Standorten. 25 Mitarbeiter in Düsseldorf, ein IT-Team in Kiew und ein kleines Team in Stockholm, weil wir derzeit nach Skandinavien expandieren.

Wie kommt es denn, dass du trotz des juristischen Backgrounds nicht für einen klassischen Juristenberuf entschieden hast?

In die ganze Unternehmerwelt bin ich während meiner Doktorarbeit hineingerutscht. Zusammen mit Philipp und Torben haben wir ein paar Fälle angekauft und entsprechende Klagen rausgeschickt, die wir auch gewonnen haben. Uns wurde dann bewusst, dass man die Angelegenheit auch noch größer aufziehen kann und Eines kam
zum Anderen. Komplett ausschließen würde ich das Referendariat in meinem Fall nicht. Aber momentan macht diese Arbeit viel Spaß und alle Gegebenheiten sind perfekt, um das Unternehmen voranzutreiben, sodass ich erstmal nur dieser Arbeit nachgehen möchte.

Mein Ratschlag wäre, der “herrschenden Meinung”, dem Mainstream, nicht zu folgen, auch wenn die klassischen juristischen Berufswege im Studium oft nahegelegt werden. Besser ist es, einfach dem nachzugehen, woran man wirklich Freude hat, wo man am meisten bewegen kann und für sich persönlich weiter nach vorne kommt. Wenn das bedeutet, dass man in die Justiz geht, dann sollte man diesen vorgezeichneten Weg gehen. Ist der persönliche Weg aber ein anderer, sollte man sich nicht gezwungen fühlen, diesen Weg aufgrund von Konventionen einzuschlagen.

Wie hast du Philipp und Torben kennengelernt, sodass ihr letztendlich zusammen gegründet habt?

Philipp kenne ich tatsächlich schon seit der 5. Klasse und Torben haben wir während des Studiums kennengelernt. Torben und Phillip sind beide BWLer, ich steche mit meinem Jura-Background ein bisschen hervor. Bei der Arbeit haben wir unsere Themenbereiche entsprechend unserer Qualifikationen aufgeteilt. Philipp hat sich um Business Development gekümmert, Torben hat alle Bereiche rund um das Thema Finance übernommen und mein Schwerpunkt lag auf den juristischen Problemen. Wir haben damals überlegt, ob wir nicht unser Trio um einen IT-Spezialisten erweitern sollten, sind zu dem damaligen Zeitpunkt aber zu Dritt gut klargekommen. Mittlerweile haben wir bei RightNow aber auch einen CTO mit an Board.

Die klassische Gründerkonstellation aus BWL, Jurist und IT-ler wäre zwar wünschenswert gewesen, in unserem Fall hat es mit uns Dreien aber auch gut geklappt und uns eine Menge Arbeit gespart. Hätten wir einen IT-Spezialisten gekannt, wäre die Konstellation vielleicht eine andere gewesen. Zu dem Zeitpunkt kannten wir jedoch keinen und wollten uns die aufwendige Suche ersparen. Wenn man die Personen, mit denen man gründet, bereits kennt, ist die Vertrauensbasis auch eine ganz andere. Daher halte ich es für besser, mit Personen zu gründen, mit denen man bereits harmoniert und weiß, dass es schon auf freundschaftlicher Basis funktioniert. Geht man gezielt los, um Mitgründer zu finden, kann das zwar funktionieren, ist aber letztlich auch der komplizierter und aufwendigere Weg. Deswegen würde ich immer den ersten Weg nehmen.

Eure Zielgruppe ist stark verbrauchergeprägt. Wie schafft man es, als Startup auf sich aufmerksam zu machen, ohne zu Beginn viele Ressourcen zu haben, die man nutzen kann?

Das war ein Lernprozess für uns. Wir haben die ganze Bandbreite an Marketing ausgenutzt: Google und Google Ads, Content Marketing mit möglichst guten Inhalten auf der Seite selber und Social Media. Hinzu kommt, dass wir direkt angefangen haben, klassische PR für uns zu nutzen. Unter anderem gab es Beiträge von uns bei Galileo und im Sat.1 Frühstücksfernsehen. So haben die Leute über redaktionelle Inhalte schnell zu uns gefunden. Wichtig war es uns auch, die Sach- und Rechtslage darzustellen und dem Verbraucher die Problematik näherzubringen.

Bleiben wir bei Flügen als Beispiel – ein Bereich, in dem nur wenige überhaupt wissen, dass Ansprüche bestehen und noch weniger diese überhaupt durchsetzen. In einer Umfrage haben wir festgestellt, dass die meisten Leute sich im Zusammenhang mit Flugstornierungen nur informieren, ob sie der Fluggesellschaft gesondert die Stornierung mitteilen müssen, um ein Ausrufen am Flughafen zu vermeiden. Den Gedanken an das Geld hatten die Wenigsten. Genau da konnten und können wir aber ansetzen. Wir können neben der sonstigen Suchlage auf den Geldanspruch aufmerksam machen und den Verbraucher genau dort abholen.

Marketingtechnisch ist ein Mix aus PR und klassischer Marketingstrategie über Social Media für RightNow am besten gewesen. Gerade die Fernsehbeiträge und Pressemitteilungen haben den Faktor der Glaubwürdigkeit sehr gesteigert und sich als am nachhaltigsten erwiesen.

Für die Fernsehbeiträge und die PR-Strategien habt ihr eine Kooperation mit einer bekannten Persönlichkeit, magst du darüber was erzählen?

Genau, wir haben Ingo Lenßen, der aus “Lenßen und Partner” bekannt ist, für uns als Partner gewinnen können. Der aus dem Sat.1 Nachmittagsprogramm bekannte Anwalt gibt RightNow nicht nur ein Gesicht, sondern wird für uns auch in den verschiedensten Fällen als Anwalt tätig.

Vor einigen Monaten stand er in Berlin-Wedding vor dem Amtsgericht. Das Verfahren vor dem Gericht ist nur eines der vielen Verfahren, was wir mit Geld-für-Flug gegen Ryanair führen. Wenn der Passagier den Flug storniert und somit nicht im Flugzeug sitzt, gibt es immer die sogenannten Steuern, Gebühren und Zuschläge zurück, denn die Fluggesellschaft muss diese nicht abführen. Die Fluggesellschaft führt diese Kosten nämlich nur ab, wenn der Passagier auch in der Maschine sitzt. Der Passagier hat aber mit der Bezahlung des Tickets eben jene Gebühren bereits bezahlt und hat bei diesen bei Nichtantritt einen Anspruch auf Rückerstattung.

Mit vielen Fluganbietern konnten wir uns diesbezüglich bereits einigen und Absprachen treffen, wie beispielsweise mit der Lufthansa, sodass wir dort nicht mehr für die Auszahlung der Gelder klagen müssen. Andere wiederum, zum Beispiel die ganzen Billigfluggesellschaften wie Ryanair, Easyjet und Wizz Air, lassen sich nicht auf die Absprachen mit uns ein. Wir müssen deshalb immer vor Gericht ziehen, sodass es meist in großen Diskussionen und einem Papierkrieg endet. Die Fluggesellschaften versuchen immer, dem Verfahren Steine in den Weg zu legen, in dem etwa behauptet wird, es würde das irische Recht Anwendung finden. Dies dementieren wir dann immer.

Mittlerweile gibt uns sogar eine Stellungnahme der irischen Luftfahrtbehörde selbst Recht, dass – selbst wenn irisches Recht Anwendung finden würde – wir immer noch im Recht wären. Theoretisch wäre zwar die Anwendung des irischen Rechts im Rahmen des internationalen Privatrechts möglich, denn dort gibt es seit den 60er-Jahren eine Regelungslücke, die die Billigfluglinien für sich ausnutzen. Aber der EuGH hat an diese Rechtswahlklauseln strenge Anforderungen, die diese Airlines nicht einhalten und die Klauseln somit unwirksam sind. Die dargestellte Situation ist allerdings ziemlich absurd. Denn bei Flügen von Düsseldorf nach Berlin soll dann plötzlich englisches Recht anwendbar sein, obwohl England selber keinerlei Berührungspunkte mit dem Flug hat.

Das hat RightNow zum Anlass genommen, mit Bundestagsfraktionen und Bundesregierung die Problematik auf europäischer Ebene zu ändern. Sodass deutsches Recht für deutsche Passagiere anwendbar ist und auch bleibt.

Man könnte also fast sagen, dass euer Geschäftsmodell neben euren unternehmerischen Zielen auch einen quasi karitativen Zweck erfüllt?

Ja. Wir sind zwar immer noch ein Unternehmen, aber der Verbraucherschutz liegt uns sehr am Herzen. Wir wollen es uns nicht nehmen lassen, verbraucherpolitische Themen, die uns auffallen, auch zugunsten des Verbrauchers zu ändern. Die Lücke, die zwischen Verbraucher, Legal Tech und Politik weiterhin besteht und erst im Rahmen der Anspruchsdurchsetzung aufgefallen ist, wollen wir füllen und die Rechtslage langfristig ändern.

Der Verbraucher hat immer die Wahl: Möchte er seine Rechte alleine durchsetzen oder durch einen Anwalt? Oder entscheidet er sich für ein Legal-Tech-Tool, wie etwa unseres? Die Idee dahinter ist es, “Justice-as-a-Service” anzubieten und die Diskrepanz zwischen “Recht haben” und “Recht bekommen”, zu ändern. Rechtsdurchsetzung als “Access to Justice” soll im Bereich der Kleinstansprüche mit uns so einfach werden, wie eine Pizza zu bestellen. Genau dort setzen wir an und sind auch sehr erfolgreich mit diesem Modell. Unsere Erfolgsquote teilt sich je nach Umstand zwischen den Unternehmen auf, mit denen wir Vereinbarungen getroffen haben und solche, mit denen wir vor Gericht müssen. Vor Gericht liegt unserer Erfolgsquote bei 98-99 % und die restlichen 1-2 % unterliegen wir, das rührt aber in den meisten Fällen durch die Insolvenz der Fluggesellschaft her.

Wie läuft denn euer Verfahren ab? Sagen wir, ich sitze zu Hause auf dem Sofa und ärgere mich über den Flug von gestern Abend, den ich nicht antreten konnte. Ich rufe dann eure Website auf und wie geht es dann weiter?

Wenn wir beim Beispiel Flüge bleiben, gehst du auf unsere Website und musst dann minimalste Angaben machen. Buchungsbestätigung hochladen, Buchungsnummer und Kontaktdaten eingeben, sowie angeben, welcher Flug – ob Hin- oder Rückflug oder beide – nicht angetreten wurden. Wir prüfen dann automatisiert die Ansprüche und kalkulieren mit Hilfe eines Algorithmus den Anspruchsbetrag, den wir als Unternehmer dem Verbraucher als Angebot machen können. Wie genau sich der Betrag zusammensetzt, hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab und wird bei all unseren Produkten individuell bestimmt. Nachdem wir dir das Angebot unterbreitet haben, kannst du es entweder annehmen oder ablehnen. Nimmst du es an, müssen nur noch Kontodaten eingetragen werden und dann wird dir das Geld überwiesen. Derselbe Prozess läuft auch bei unseren anderen Produkten ab.

Für Bahn Buddy ist ein Relaunch geplant, ebenso für Unfallzahlung24, damit die Durchsetzung für alle so einfach wie möglich abläuft. Für den Verbraucher ist die ganze Angelegenheit mit der Auszahlung des Geldes durch uns an ihn erledigt und selbst, wenn wir gerichtlich unterliegen sollten, darf er das Geld behalten.

Wie ist eure Erfahrung mit der Resonanz seitens der Unternehmen? Bis zur Einführung eures Angebots war die Rechtsdurchsetzung für den einzelnen Verbraucher ja eher schwierig.

Die Reaktionen auf unser Geschäftsmodell war nicht besonders positiv, einfach, weil wir ihnen natürlich Arbeit gemacht haben, die sie vorher nicht hatten. Richtig ernst genommen wurden RightNow zwar am Anfang nicht, konnten uns aber gegen das Modell der Unternehmen durchsetzen. Unternehmen spekulieren in diesen Fällen auf lange Verfahren, um Startups ausbluten zu lassen und dem Verbraucher, auch bei einzelner Durchsetzung des Anspruchs, den Weg so schwer wie möglich zu machen. Wir konnten und können uns aber dagegen stellen, weil wir ebenso wie die Unternehmen große Ressourcen und eine “prall gefüllte Kriegskasse” haben und damit langwierige Prozesse aussitzen können.

Mittlerweile ist für beide Seiten in bestimmten Prozessen aber ein ökonomisch wertvoller Weg gefunden worden, sodass es nicht zu unsinnigen Auseinandersetzungen über Formalien kommt. In anderen Bereichen ist dies bisher nicht der Fall und wir streiten uns weiterhin vor Gericht. 

“Prall gefüllte Kriegskasse” klingt gut. Ihr habt ja auch bereits ein paar Finanzierungsrunden hinter euch, die gut gelaufen sind. Hast du Tipps, wie man als Gründer Kontakt zu Investoren aufzubauen kann?

Genau so ist es. Wir haben jetzt über die Zeit hinweg 3 Finanzierungsrunden gemacht. Die erste ging den klassischen Weg über Business Angels. Im Frühjahr 2017 haben uns zwei Schweizer Business Angels unterstützt, mit denen wir bis heute gut zusammenarbeiten. Mit dem Geld haben wir unter anderem Geld-für-Flug groß gemacht.

2018 hatten wir dann eine Seed-Runde, wo unter anderem Carsten Maschmeyer mit investiert hat, allerdings außerhalb von Der Höhle der Löwen (DHDL). Im Frühjahr 2019 haben wir eine Pre-Series-A Runde gemacht haben, die hauptsächlich strategischer Natur war und jetzt unter anderem mit den Trivago-Gründern zusammenarbeiten. Für Frühjahr 2020 ist eine Series-A Runde geplant.

Der Einstieg von Carsten Maschmeyer war tatsächlich sehr früh. An ihn sind wir über Kontakte gekommen und haben uns dann einfach mal zusammengesetzt und geredet. Die Zusammenarbeit läuft sehr gut, worüber wir uns sehr freuen. Auf großen Startup-Konferenzen wie der NOAH-Konferenz, die wir Ende Oktober in London besuchen durften, kann man gut Investoren treffen. Zusätzlich ist es aber essenziell, sich ein großes Netzwerk und entsprechende Kontakte aufzubauen, zu knüpfen und über entsprechende Investitionen zu reden. 

Kaltakquise kann man bestimmt auch machen, sollte man aber nicht als Priorität ansehen und eher als letzten Ausweg nehmen. Über das entsprechende Netzwerk zu gehen, ist immer eine schönere Möglichkeit, als zu versuchen, Investoren ohne Vorwarnung und Berührungspunkte von seiner Idee zu überzeugen. Generell ist es im Leben einfacherer, Gespräche zu führen, bei denen es schon einen Touchpoint gegeben hat und genau das, was überall gilt, sollte auch im Investitionsbereich gelten.

Du hast eure nächste Finanzierungsrunde angesprochen, was sind denn eure Pläne für 2020 und die nächsten Monate?

Für das Jahr 2020 haben wir Großes vor. Unsere bestehenden Produkte wollen wir weiter vorantreiben, skalieren und das Marketing neu auffahren sowie die Zusammenarbeit mit Ingo Lenßen weiter stärken. Wir wollen weitere Produkte hinzunehmen, wobei es thematisch von falsch abgerechneten Nebenkosten bis zu
stornierten Pauschalreisen geht.

Das sind zwei Bereiche, die wir uns schon tiefergehend angeschaut haben, um unser RightNow-Portfolio weiter auszubauen. Außerdem sind weitere Expansionen in internationale Länder geplant. Testweise sind wir in Skandinavien von Stockholm aus gestartet und sind mit dem Ergebnis bisher zufrieden. Eine Skalierung in weiteres internationales Gebiet schwebt uns aber weiterhin vor. Unsere Dachmarke RightNow soll im neuen Jahr als Plattform fungieren, auf der all unsere Produkte abrufbar sind und durch die Bekanntheit mit noch mehr Schlagkraft Verbraucherrechte durchsetzen. 

Für Legal Tech-Gründer ist das Rechtsdienstleistungsgesetz in vielen Bereichen sehr präsent. Politisch ist momentan sowohl auf der Anwaltsseite, als auch auf Seiten der Legal Tech-Startups viel los. Betrifft euch die Thematik auch?

Aktuell haben wir eine besondere Rolle und fallen nicht unter das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Wir kaufen dem Kunden die Forderungen ab, stellen sie auf unsere Bilanz und werden so auch nur in unserem Namen tätig und nicht in fremden Namen. RightNow verfolgt die Diskussionen dennoch aufmerksam und weisen auf die Probleme im Rahmen unserer politischen Gespräche hin, weil es letztlich eine untragbare Situation ist. Dass der Bundesgerichtshof (BGH) anhand von bestehenden Gesetzen vieles inzwischen konkretisiert, ist schonmal ein guter Schritt, aber ich glaube, dass vor allem politisch etwas geschehen muss, um einen rechtssicheren Rahmen zu schaffen. Gerade im gesamten Legal Tech-Bereich muss die Politik sich besser aufstellen, auch wenn Legal Tech gerade erst im Kommen ist.

Die Prämisse, dass das Recht als Konstrukt dient, um das Zusammenleben der Menschen einfacher zu machen, muss auch faktisch durchsetzbar sein. Was verfassungsrechtlich im Grundgesetz festgehalten wird, muss jetzt in der Realität umgesetzt werden.

Du hast ja das Glück, durch das Studium selbst juristisches Wissen zu haben. Im Startup-Leben läuft aber bestimmt trotz dieses Vorteils nicht immer alles glatt. Hast du mit Blick auf eure Gründerkonstellation zunächst Verträge selbst geschrieben oder wie habt ihr das gehandhabt?

Am Anfang der Gründung haben wir uns auf Musterprotokolle gestützt. Erst als die Business Angels mit eingestiegen sind, haben wir den Vertrag des Notars genutzt. Der war aber leider nicht ganz auf Startups ausgelegt, sodass wir ihn in der nächste Finanzierungsrunde wieder ändern mussten. Ich kann jedem nur raten, darauf zu achten, dass der eigene Gesellschaftsvertrag wirklich gut ist. Dieser muss nicht von einer Großkanzlei kommen, aber er sollte durchdacht und auf die eigenen Verhältnisse angepasst sein. Aus meiner Sicht ist es daher wichtig und richtig, sich mit dem Gesellschaftsvertrag schon frühestmöglich auseinanderzusetzen und sich zu informieren. Egal in welchen Bereich man tätig wird, überall spielt das Recht eine wichtige und tragende Rolle. Vermeidet man von Anfang an dort Fehler, spart man sich den Aufwand, den man mit der Änderung hat. Gesellschaftsverträge sollte man sowohl auf Deutsch und Englisch haben, um für nationale und internationale Investoren abgesichert zu sein. 

In andere Rechtsgebiete musste ich mich auch als Jurist einarbeiten. Beispielsweise im Markenrecht, weil ich selber kein Markenrechtler bin. Aber wenn man sich ein eigenes Grundverständnis angeeignet hat und nicht nur die Situation auf sich zukommen lässt, kann man ganz anders mit diesen Angelegenheiten umgehen. 

Ein anderes Thema ist der Datenschutz, in dem man von Anfang an gut aufgestellt sein sollte. Das bedeutet sowohl technisch, als auch was die interne Dokumentation angeht. Im technischen Bereich kann man mit Unternehmen zusammenarbeiten und sich mit deren Hilfe datenschutzkonform aufstellen. Datenschutz sollte nie etwas sein, das man auf die leichte Schulter nimmt und einfach abtut. Wenn man kein Jurist ist, erscheint es natürlich lästig, sich mit der Thematik auseinandersetzen zu müssen. Eine Steigerung des Unternehmenswertes tritt dadurch nicht direkt ein und man hat nur zusätzliche Arbeit. Die Unternehmensbewertung sinkt jedoch, wenn nicht datenschutzkonform gehandelt wird. Datenschutz ist daher ein Must Have. Als Startup sollte man zwischen dem unternehmerischen Schaffen und der juristischen Absicherung den goldenen Mittelweg finden, um sich viele Streitigkeiten von Beginn an zu ersparen und sich nicht jedem Risiko auszusetzen.

RightNow bewegt sich in einer Branche, in der es am Anfang ziemlich viel Gegenwind gab. Wie gehst du persönlich oder ihr als Team mit der Situation um?

Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen kamen anfangs die hahnebüchesten Aussagen von der Gegenseite, dass es unsere Gesellschaft gar nicht gäbe und wir gar nicht die Gesellschafter seien. Zum Teil bin ich wirklich sauer geworden. Es hat mich selbst viel Disziplin und Kraft gekostet, mich persönlich von den Aussagen zu distanzieren und zu merken, dass das Unternehmen als solches angegriffen wird und nicht ich als Person.
Gerade in unserem Business, wo das Geschäft von Streitigkeiten lebt, ist eine gewisse Distanz zu den Unterstellungen und Anfeindungen, die von der Gegenseite kommen, unerlässlich. Diese Distanz zu der Thematik zu bekommen, war für mich als Gründer und auch für uns als Team ein Lernprozess. Als die Gegenseite gemerkt hat, dass wir uns von ihren Aussagen nicht unterkriegen lassen und weiter auf der Bildfläche bleiben, kam irgendwann der Punkt, in dem das Gespräch gesucht wurde und der Gegenwind weniger wurde. Uns hat auch geholfen zu merken, dass wir gleich gut gefüllte Kriegskassen haben und wir bei den Streitigkeiten mithalten können.

Gerade das Kundenfeedback über Social Media ist auch sehr unterstützend und zeigt uns, was wir geschafft haben und wofür wir weiterkämpfen. Das war für uns auch der Denkanstoß, unsere Produktpalette zu erweitern. Der Verbraucher weiß am besten, welche Rechtsprobleme er hat. Wir als Unternehmen nehmen uns dem dann
an. Durch die Durchsetzung und die Produktnähe zum Kunden kann der Kunde als Sieger aus dem Verfahren gehen. Wir bringen die Siegermentalität zurück. Jeder Kunde von RightNow wird ganz einfach, mit nur ein paar Klicks, zum Sieger gegen Großunternehmen.

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