LegalTech und die Coronakrise – Ein Gastbeitrag von Dr. Benedikt M. Quarch, Co-Founder und Geschäftsführer RightNow Group, Düsseldorf

Millionen Reisepläne wurden durch die globale Corona-Pandemie durchkreuzt. LegalTech kann dazu beitragen, dennoch eine Win-Win-Situation für Verbraucher und Unternehmen herzustellen – ein Beispiel.

„Wisst Ihr noch damals, als die Corona-Krise uns einen Strich durch die Reisepläne gemacht hat und wir auf unseren Kosten sitzen bleiben mussten?“ So oder so ähnlich hätte es in den kommenden Jahren bei vielen Verbrauchern heißen können. Vor allem in den letzten Monaten stand die (Reise)welt komplett still und so auch Millionen Reisepläne. Dabei haben Frustration und Unsicherheiten das allgemeine Stimmungsbild von Reisenden weltweit geprägt. 

Was ist passiert?

Ganz konkret stellt sich folgendes Problem: Wird eine Pauschalreise, d.h. eine Reise, die aus mindestens zwei miteinander kombinierten Reiseleistungen (z.B. Flug und Hotel) besteht, wegen der Verbreitung der Covid19-Infektionskrankheit abgesagt, muss der gesamte bereits gezahlte Reisepreis erstattet werden. Das ergibt sich aus § 651h BGB. Nun wurden (nahezu) alle Reisen abgesagt, die Reiseveranstalter müssen also plötzlich immense Summen auszahlen. Das können und/oder möchten sie häufig nicht, gerieten sie ansonsten doch mitunter in große Liquiditätsschwierigkeiten. Das Gesetz ist aber klar: Der Preis muss erstattet werden – ohne Wenn und Aber. Die Bundesregierung erdachte sich deshalb die „Zwangsgutscheins“-Lösung und wollte alle Verbraucher verpflichten, anstelle einer Rückzahlung in Geld nur einen Gutschein zu akzeptieren. Das allerdings verstößt gegen EU-Recht und konnte daher nicht beschlossen werden. Andere Länder, die solche verpflichtenden Gutscheine vorgesehen haben, sehen sich nun – zu Recht – eines Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission ausgesetzt. Die Diskussion ging weiter und ist nun nach einem langem Hin und Her zu einem finalen Ergebnis gekommen: Mit der Abstimmung des Deutschen Bundestags vom 2. Juli 2020 ist die „freiwillige Gutscheinlösung“ für abgesagte Pauschalreisen beschlossene Sache. 

Was heißt das genau? 

Verbraucher, deren Reise während der Corona-Pandemie abgesagt wurde, können einen Gutschein akzeptieren, müssen es aber nicht. Das Besondere: Die Gutscheine sind von nun an effektiv gegen eine Insolvenz abgesichert. Der Staat gibt dafür eine „Staatsgarantie“, die zwar ganz formal wohl nicht aus freien Stücken gegeben wurde, sondern weil ansonsten ohnehin die Staatshaftung drohte – aber dazu an anderer Stelle mehr. Im Ergebnis profitieren dennoch alle Beteiligten, sowohl die Verbraucher als auch die Reiseveranstalter. Der Gutschein kann aber – und das ist das Problem – nur für eine neue Reise verwendet und allenfalls im Jahr 2022 in Geld umgewandelt werden. An den Veranstalter und dessen Angebot ist man gebunden.

Wie spielt LegalTech da mit rein?

Zeitgleich zum Bundestagsbeschluss haben wir bei RightNow einen Service zum Ankauf eben dieser Gutscheine gestartet und verhelfen so den Verbrauchern schnell und völlig risikolos zu ihrem Geld. Wir freuen uns damit eine sehr gute Lösung für Verbraucher, Reisende und Reiseveranstalter gleichermaßen anzubieten. Denn dank RightNow kann der ausgestellte Gutschein zu Geld gemacht werden und das völlig unkompliziert und risikolos. Wenn Verbraucher für ihre abgesagte Reise einen Gutschein akzeptiert haben, diesen jedoch nicht für eine Reise einlösen möchten und die Zeit bis 2022 einfach zu lang ist, um das Reisegeld zurückzubekommen, bieten wir die Lösung. Wir nennen es „Consumer Claims Purchasing“, oder genauer: „Voucher Purchasing“. Wir kaufen den Verbrauchern ihre Gutscheine ab und zahlen ihnen das Geld sofort und komplett digital aus. So kann LegalTech helfen, gesetzlichen Regelungen zu ihrer optimalen Anwendung zu verhelfen. Denn Veranstalter profitieren von einem Liquiditätsgewinn und Verbraucher erhalten sofort ihr Geld.

Jetzt heißt es: Was haben wir aus dieser Zeit gelernt?

Die letzten Monate haben nicht nur uns als Start Up und als Arbeitgeber eines knapp 40-köpfigen Teams vor große Herausforderungen gestellt, sondern auch Gesellschaft, Wirtschaft und Politik mussten sich weitreichenden strukturellen Veränderungen stellen. Wir müssen uns mit neuen Strukturen, Herangehensweisen und Denkweisen auseinandersetzen. Und wir befinden uns noch inmitten eines bedeutsamen und gesellschaftlichen Umdenkens, das maßgeblich für die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des digitalen Standorts Deutschland ist.

In Zeiten einer globalen Pandemie haben wir erkennen dürfen, dass Digitalisierung nicht nur in Coronazeiten für die soziale Teilhabe essentiell ist, sondern auch die Grundlage für Innovationskraft, Fortschritt und Verbraucherrecht bildet. Auch wenn die Covid19-Pandemie jedenfalls hierzulande überwiegend unter Kontrolle zu sein scheint, so ist natürlich auch die Politik, die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft zu weitreichenden strukturellen und maßgeblichen Veränderungen gezwungen. Die Krise hat uns allen gezeigt was möglich ist und zu welchen (digitalen) Quantensprüngen wir fähig sind. Das sollten wir im LegalTech-Bereich aufgreifen und diese Branche wirtschaftlich, politisch und rechtlich weiter nach vorne bringen. Deutschland hat hier die Chance, ganz vorne mit dabei zu sein. Diese Chance sollten wir nicht verpassen. 

Alles zu Dr. Benedikt M. Quarch und RightNow, erfährst du im RAKETENSTART – Podcast:

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1 Responses on this post

  1. Ein super aufschlussreicher Artikel, der über die aktuelle Gesetzeslage für Verbraucher, Reisende und vor allem Pauschalreisende aufklärt!
    Vielen Dank dafür 🙂